Die Neuzeit
Neben den jagdlich bedingten Erfordernissen trat die nutzbringende Holzverwertung vermehrt in den Vordergrund. Es entstanden zahlreiche Glashütten, die mit weiteren Ansiedlungen verbunden waren. Zu ihnen gehören Wiesthal, Weibersbrunn, Neuhütten, Heigenbrücken, Einsiedel und Heinrichsthal. Der Glashüttenbetrieb wurde jedoch im 18. Jh. wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben. Zur Ausnutzung der Wasserkraft wurde im 17. Jh. eine Reihe von Eisenhämmern errichtet, so in Laufach, Waldaschaff, Lichtenau und Wintersbach. Auch diese wurden von der technischen Entwicklung überholt und mußten bald moderneren Anlagen weichen.
Der Abbau von Bodenschätzen hat im Spessart stets nur eine untergeordnete Rolle gespielt. So ist auch die Kupfergewinnung bei Schöllkrippen (Sommerkahl) seit langem eingestellt, ebenso der Abbau von Braunkohle im nordwestlichen Vorspessart. Auch Ackerbau und Viehzucht erbrachten wegen der vorherrschenden Buntsandsteinböden nur geringe Erträge, von den lehmreichen Randgebieten im Westen, bei Marktheidenfeld im Osten und dem Vorspessart abgesehen. Als gewinnbringend erwies sich jedoch der Obst- und Weinanbau im Kahlgrund und im Maintal bei Obernburg, Klingenberg, Großheubach und bei Miltenberg. Den Hauptreichtum des Spessarts bilden auch heute noch seine Wälder.
In politischer Beziehung ist der Spessart bis zum Beginn des 19. Jh. geistlicher Besitz geblieben. Vergleichsweise nur geringe Teile des großen Waldgebietes standen im Eigentum reichsunmittelbarer Geschlechter, denen einzelne Gebiete durch Schenkungen oder auf andere Weise zugefallen waren. Die Jahrhunderte des Späten Mittelalters und der Neuzeit brachten der Bevölkerung mancherlei Bedrückungen und Heimsuchungen. Schwere Schicksalsschläge größten Ausmaßes waren der Große Bauernkrieg (1525), der Schmalkaldsche Krieg (1546/47), der 30jährige Krieg (1618/48), der 1. Koalitionskrieg (1796). Im Zweiten Weltkrieg erlitt insbesondere die Stadt Aschaffenburg durch Luftangriffe und abschließende Belagerung schwerste Schäden.
Erst die Säkularisation im Jahre 1803 machte den bis dahin unangefochtenen kirchlichen Ansprüchen auf Landbesitz und weltliche Machtansprüche ein Ende. Durch eine Entscheidung des Wiener Kongresses (1814/15) gelangten die bisher zu den Bistümern Mainz und Würzburg gehörenden Spessartgebiete zum Königreich Bayern. Der nördliche Vorspessart mit Ausnahme von Alzenau kam zu Hessen-Kassel, 1866 zu Preußen und ist heute ein Bestandteil des Landes Hessen.
Das 19. Jh. bis hin zum Ersten Weltkrieg war im wesentlichen durch eine friedliche Entwicklung geprägt, die in den meisten Teilen Deutschlands mit der aufkommenden Industrialisierung und mit einer allmählichen Steigerung des allgemeinen Wohlstandes verbunden war. Für die Spessartbewohner dagegen brachte diese Zeit in sozialer Hinsicht keinen spürbaren Fortschritt. Forst- und Landwirtschaft allein waren nicht mehr in der Lage, die Existenzgrundlage der wachsenden Bevölkerung in ausreichendem Maße zu gewährleisten. Da bodenständige Fabrikbetriebe weitgehend fehlten, wanderten viele Familien aus oder verlegten ihren Wohnsitz in aufkommende Industriegebiete fernab ihrer angestammten Heimat.
Erst nach den beiden Weltkriegen wurden auch im Spessart zielbewußt eigene Industriebetriebe errichtet, vor allem im Raum Aschaffenburg, aber auch in Alzenau, Hösbach, Elsenfeld, Großheubach und im Bereich von Miltenberg. Damit konnte, trotz zusätzlicher Flüchtlingsströme aus den deutschen Ostgebieten, die Notlage der Spessartbewohner weitgehend gemildert werden.
Abgesehen von Pendlern, die im Rhein-Maingebiet und im Würzburger Raum gute Verdienstmöglichkeiten fanden, sind die im Spessart beheimateten Menschen nicht mehr genötigt, ihrem Lande den Rücken zu kehren. Auch hier hat eine materiell bessere Zukunft begonnen, eine Entwicklung, an der auch der stetig wachsende Fremdenverkehr maßgeblich beteiligt ist.
Mittelalter
In der Karolingerzeit war der Spessart königlicher Bannforst. Schon aus diesem Grunde gab es in den weiten Waldgebieten keine größeren Siedlungen. Diese beschränkten sich im wesentlichen auf die leichter zugänglichen, wirtschaftlich und klimatisch günstigeren Flußtäler. Der magere Buntsandsteinboden, der Mangel an Wasser und das rauhere Klima der Hochflächen wirkten von sich aus abschreckend und siedlungsfeindlich.
Erst die beginnende Christianisierung führte zu grundlegenden Veränderungen. Mit der Errichtung zahlreicher Klöster und Stifte sowie mit der Entstehung und Sesshaftwerdung von Adelsgeschlechtern verband sich eine stetig zunehmende Besiedlung auch des Waldlandes.
Als Träger der kulturellen Entwicklung sind besonders die Klöster hervorzuheben, die auf religiösem, geistigen und wirtschaftlichem Gebiet eine staunenswerte Aufbauarbeit geleistet haben. Eine der ältesten Klostergründungen neben Amorbach und Seligenstadt ist die Benediktinerabtei Neustadt a. M., die bereits im Jahre 770 entstanden ist. Karl der Große stattete sie mit ausgedehnten Forstgebieten im Spessart aus und übertrug ihr u. a. die Missionsarbeit im Gebiet. Der Aschaffenburger Raum wurde somit zu einem wichtigen Ausgangspunkt für die weitere Erschließung des Spessarts von Westen her.
Ähnlich günstige Voraussetzungen für eine allmähliche Kultivierung des inneren Spessarts boten weitere, am Main gelegene Orte wie Klingenberg, Miltenberg, Kreuzwertheim, Lohr und Gemünden. Im Sinntal waren es Rieneck und Burgsinn, wo neben den Grafen von Rieneck die Herren von Thüngen unablässig versuchten, größere Gebiete des Spessartinneren zu gewinnen. Lange Zeit allerdings ohne greifbare Erfolge wegen der insularen Lage ihrer Besitztümer zwischen den drei geistlichen Machtblöcken Mainz, Fulda und Würzburg. Im nördlichen Vorspessart gingen von den im Kinzigtal liegenden Orten, von denen Gelnhausen mit seiner um 1200 erbauten Kaiserpfalz eine besondere Rolle spielte, ebenfalls starke Impulse aus, die zu einer vermehrten Besiedlung führten.
Vielfach standen bei diesen Bemühungen jagdliche Interessen der in den vorerwähnten Randgebieten ansässigen Adelsgeschlechter im Vordergrund. Zwischen dem 12. und 15. Jh. wurde im inneren Spessartbereich eine Anzahl von Wasserschlössern (u. a. Burgsinn, Sommerau, Mespelbrunn) und Jagdschlössern (u. a. Schöllkrippen, Wiesen, Rothenbuch, Bartelstein, Rohrbrunn) errichtet. Durch Zuweisung von Land und Vieh sowie durch Gewährung von Holz-, Weide- und Fischereianrechten gewann man die erforderlichen personellen Hilfskräfte. Die Mainzer Kurfürsten schufen im 14. Jh. sogenannte „Forst- und Bachhuben“. Den mit der Einrichtung beauftragten Vertrauenspersonen wurde die Verantwortung für den Jagd- und Forstschutz, sowie für die Überwachung der Holztriften und der Fischerei übertragen. Zumeist waren dies Angehörige des kleinen Landadels, deren z. T. schloßartigen Wohnsitze zum Schutz gegen Überfälle befestigt und oftmals von Wassergräben umzogen waren (z. B. Oberaulenbach bei Eschau). Für die Familien der Hilfskräfte entstanden die für den Spessart früher typischen Streifendörfer, deren charakteristische Form wegen vollzogener Flurbereinigung nur noch an wenigen Beispielen erkennbar geblieben ist (u. a. Hessenthal, Mespelbrunn, Heimbuchenthal, Wintersbach).
Die Frühgeschichte
Urgeschichtliche Grabstätten und Funde sind stumme Zeugen einer schon frühen Besiedlung des Spessartraumes. Häufungen bronze- und eisenzeitlicher Hügelgräber finden sich in den Waldgebieten nördlich von Alzenau, bei Geiselbach, Mömbris und Schimborn.
Südlich von Aschaffenburg sind Hügelgräber bei Kleinwallstadt, zwischen Elsenfeld und Eichelsbach, bei Klingenberg sowie auf dem Dürrenberg bei Heimbuchenthal erhalten. Aus dem Ortsbereich von Soden stammt der seltene Fund eines Steinkistengrabes. Darüber hinaus beweisen tausende von Einzelfunden in Gestalt von Faustkeilen, Schabern, Beilen, Dolchen und Pfeilspitzen aus Feldgestein, sowie Gefäßscherben unterschiedlicher Zeitperioden, daß der Spessart bereits in urgeschichtlicher Zeit von Jägern, Fischern und Sammlern belebt gewesen ist. Hauptfundorte liegen im Kinzigtal, bei Aschaffenburg, im Bieber-, Lohr- und Sinngrund.
Ringwälle aus vorchristlicher Zeit, oftmals keltischen Ursprungs, finden sich u. a. auf dem Schanzenkopf bei Wasserlos, auf dem Reuschberg bei Schöllkrippen, auf dem Schloßberg bei Soden, auf dem Schanzkopf bei Klingenberg sowie bei Miltenberg auf dem Greinberg und dem Bürgstadter Berg. Es handelt sich um Fliehburgen oder um wehrhafte Höhensiedlungen, die zwischen dem 5. und 1. Jahrhundert vor der Zeitrechnung errichtet wurden
Die Römerzeit hat nur im nordwestlichen Vorspessart Spuren hinterlassen, weil der eigentliche Gebirgsstock in den römischen Machtbereich nicht einbezogen war. Der die fruchtbare Wetterau umschließende Limes stieß, von Norden kommend, bei Großkrotzenburg auf den Main und bezog den Fluß von dort ab nach Süden als natürlichen Abschnitt in sein befestigtes Grenzsystem ein. Erst in der Gegend von Miltenberg ist der Verlauf des römischen Grenzwalls gegen Germanien in seinem in südlicher Richtung über Wenschdorf geführten Verlauf wiederum erkennbar. Aus diesem Grunde finden sich bauliche Reste von Wachttürmen, Kastellen und römischen Niederlassungen nur am Westufer des Mains und im anschließenden Odenwald. Großkastelle lagen u. a. in Seligenstadt, Stockstadt, Niedernberg, Obernburg, Wörth, Trennfurt und bei Miltenberg.
Die Periode der Völkerwanderung folgte dem Zusammenbruch des römischen Reiches. Gegen Ende des 3. Jh. n. Chr. fassten die von Nordosten kommenden Burgunder im Maingebiet Fuß. Im 5.Jh. wurden sie durch die von Süden zurückkehrenden Alemannen verdrängt. Zu den von ihnen gegründeten größeren Siedlungen rechnen Aschaffenburg, Lohr und Gemünden a. M. Mit dem nachfolgenden Vordringen der Franken vom Rhein her mainaufwärts verschmolzen alemannisches und fränkisches Volkstum miteinander, fränkisches Volkstum und fränkische Kultur behielten die Oberhand. Erkennbare Zeugen dieser Kultur aus dem 6. bis 8.Jh. sind aufgefundene Reihengräber bei Aschaffenburg, Obernau, Mömlingen und Obernburg.