Im Naturpark Spessart kommen ca. 5.500 Tier- und Pflanzenarten vor, darunter seltene und stark gefährdete Arten.
Spechte – Namensgeber des Spessarts
Der Spessart oder Spechtshardt, so die alte Bezeichnung der Region im Mainviereck, verdankt seinen Namen den Spechten. Spechtshardt bedeutet so viel wie ein mit Hartholz (Buchen und Eichen) bestocktes und von Spechten bewohntes Waldgebiet. Und tatsächlich sind die Laub- und Mischwälder im Mainviereck besonders reich an Spechten. Hier kommen sieben Arten vor: Buntspecht, Grünspecht, Grauspecht, Schwarzspecht, Kleinspecht, Mittelspecht und Wendehals.
Die heimischen Arten bewohnen vor allem naturnahe Wälder und Streuobstwiesen. Sie sind auffällig und wie keine andere Wirbeltiergruppe an den Baumstamm als Lebensraum angepasst. Die Vögel bewegen sich fast nur kletternd am Baum, hüpfen ungeschickt auf dem Boden und fliegen ungern weite Strecken. Die meisten Arten ernähren sich von Insekten, die sie in oder unter der Baumrinde beziehungsweise Borke oder in morschem Holz finden. Dazu klettern sie an den Bäumen aufwärts und suchen nach hohlen Stellen, indem sie mit ihrem langen Schnabel die Stämme abklopfen. Sie legen die Beute mit dem Schnabel frei und nehmen sie mit ihrer langen, mit Widerhaken besetzten Zunge auf. Der Wendehals und der Grünspecht leben hauptsächlich von Ameisen und deren Puppen, die sie am Boden suchen.
Spechte werden als „Zimmerleute des Waldes“ bezeichnet, denn die meisten Arten legen an Faulstellen im Holz ihre geräumigen und wetterfesten Höhlen an. Meist werden mehrere Höhlen gleichzeitig genutzt. Sie schaffen damit Nistplätze und Mutterstuben für zahlreiche Zweitnutzer wie Singvögel, Käuze, Marder, Siebenschläfer und Fledermäuse.
Der Biber
Der Spessart ist mit seinen zahlreichen Gewässern ein idealer Lebensraum für den Biber. Heute zählt man im Naturpark über 120 Biberreviere. Sie besiedeln und größere Bäche, Weiher und Teiche. Die Tiere selbst sind nachtaktiv und sehr scheu, doch trifft man an vielen Gewässern auf Spuren dieser Pflanzenfresser: angenagte und gefällte Bäume, Trampelpfade sowie die Biberrutschen – flache Mulden am Ufer – über die der Biber das Wasser zum Fressen verlässt. Und mit etwas Glück sieht man sogar einen Damm oder eine Biberburg.
Biber sind die größten europäischen Nagetiere und werden bis zu 15 Jahren alt. Die Tiere leben im Familienverbund in Revieren, die sie markieren und gegen fremde Biber verteidigen. In dem Revier werden Wohnbauten angelegt, die als Schutz- und Zufluchtsstätten sowie zur Aufzucht der Jungtiere dienen. Den Eingang zur Biberburg liegt zum Schutz vor Fressfeinden unter der Wasseroberfläche. Ist der Wasserstand des Gewässers zu niedrig, staut der Biber dieses mit Dämmen. Dabei gestaltet Meister Bockert, wie der Biber im Volksmund auch genannt wird, ganze Gewässerläufe um.
Über Jahrhunderte wurden Biber im Spessart und anderswo unerbittlich gejagt. Ihr Fell war hochbegehrt, denn es ist besonders dicht und schützt vor Wasser und Kälte. Das »Bibergeil«, ein zur Reviermarkierung dienendes Drüsensekret, wurde als Potenz- und Heilmittel geschätzt. Gerade in der Fastenzeit landete Biber auch auf dem Teller, denn man erklärte das Nagetier wegen des beschuppten Schwanzes zum Fisch und damit zur Fastenspeise. So verwundert es nicht, dass die letzten Biber im Spessart vor etwa 150 Jahren ausgerottet wurden.
1987 und 1988 wurden 18 Elbe-Biber aus der DDR im hessischen Spessart am Flüsschen Sinn ausgewildert. Sie bildeten den Grundstock für die stetig wachsende Population im Naturpark. Entsprechend kommt der Biber heute an fast allen größeren Gewässern im Spessart vor, was in Einzelfällen durchaus auch zu Konflikten mit Landnutzerinnen und -nutzern führt.
Der Luchs
Luchse waren lange Zeit im Spessart heimisch, bis der Mensch sie vor etwa 300 Jahren ausgerottet hat. Im Hochspessart erlosch der Luchsbestand um 1685, in den Steilhängen des Maintales konnte sich eine Restpopulation bis 1693 halten. Danach galt der Spessart als luchsfrei, bis im Winter 1715 ein einzelnes Tier auftauchte und erschossen wurde. Als Fangprämie erhielt der Jäger einen Gulden.
Gründe für die Verfolgung und Ausrottung der scheuen Großkatze waren Vorurteile und die Konkurrenz um das Beutewild, vor allem Rehe. Zudem erbeutete der Luchs ab und an auch einzelne Schafe oder Ziegen, weshalb sein Abschuss mit Prämien belohnt wurde.
Inzwischen hat der Luchs seinen Weg zurück in den Spessart gefunden. Seit einigen Jahren berichten Menschen von Luchs-Beobachtungen im Naturpark. Im Winter 2015/2016 wurde dann ein Luchs im Raum Lohr mittels einer Fotofalle zweifelsfrei nachgewiesen. Weitere Foto-und Videonachweise folgten in den letzten Jahren, u.a. wurde ein Luchsmännchen im Hafenlohrtal von einer Fotofalle gefilmt.
Aufgrund der bisherigen Sichtungen lässt sich jedoch nicht sagen, wie viele Luchse es derzeit im Spessart gibt und ob diese sich vermehren. Die Fachleute, die sich im „Netzwerk große Beutegreifer“ und „Luchs-Projekt Bayern“ (siehe Infokasten) engagieren, sind sich jedoch sicher, dass sich der Luchs früher oder später in den weiten Wäldern des Spessarts etablieren wird.
INFO: Luchs-Projekt Bayern
Weitere Infos unter www.luchsprojekt.de
Das vom bayerischen Umweltministerium geförderte Projekt hat die Aufgabe, den Luchs-Bestand in Bayern möglichst genau zu erfassen und die Akzeptanz gegenüber dieser Tierart zu fördern. Ziel des Luchs-Projekts ist es, die Weichen dafür zu stellen, dass der Luchs sich seinen ehemaligen Lebensraum wieder zurückerobert. Zahlreiche Fachleute aus Jagd, Naturschutz, Forst- und Landwirtschaft unterstützen das Projekt und sind im „Netzwerk große Beutegreifer“ aktiv. Dabei geht es nicht nur um den Luchs, auch Wolf und Bär fordern zunehmend ein abgestimmtes Wildtiermanagement.
Die Wildkatze
Die europäische Wildkatze teilte ein ähnliches Schicksal wie der Luchs – auch ihr wurde nachgestellt, obwohl sie sich überwiegend von Mäusen und Vögeln ernährt und dem Menschen keine Jagdbeute streitig macht. Seit den 1920ern galt die Art in Bayern als ausgestorben.
Im Spessart konnte sie in den letzten Jahren wieder angesiedelt werden. Zu verdanken ist dies einem Auswilderungsprojekt des Bund Naturschutzes und dem Förster Hubert Gebhard. Er hat mehr als 25 Jahre eine Aufzuchtstation bei Rothenbuch betreut; und dort etwa 200 Wildkatzen auf das Leben in der freien Wildbahn vorbereitet und in diese entlassen. Begleitet wurde das Projekt durch ein Monitoring-Programm: Man sammelte Katzenhaare in freier Wildbahn und untersuchte diese genetisch. Als feststand, dass sich die Population der Wildkatzen im Spessart stabilisiert hatte, schloss man das Projekt im Jahr 2009 erfolgreich ab.
Hirsch, Reh und Wildschwein
Rothirsch, Reh und Wildschwein – also Rot-, Reh-, und Schwarzwild – kommen im Spessart häufig vor. In den letzten Jahrhunderten wurden die Wildbestände auf hohem Niveau gehalten. Große Teile des Spessarts waren als so genanntes Jagdbanngebiet den Adligen vorbehalten. Auch heute noch spielt die Jagd im Spessart eine große Rolle, eher jedoch um die Wildbestände so zu regulieren, dass sie dem Wald nicht schaden; das Prinzip nennt sich „Wald vor Wild“. Regelmäßig werden Schäden erfasst, die das Wild durch Verbiss, Schälen oder Fegen der Baumrinde und durch Umwühlen des Bodens verursacht. Auf dieser Daten-Grundlage werden die Abschusszahlen für die einzelnen Tierarten in den Jagdrevieren festgelegt.
Trotzdem haben in den letzten Jahren die Wildschweinpopulation und damit die Wühlschäden an land- und forstwirtschaftlichen Flächen zugenommen. Teilweise pflügen die „Schwarzkittel“, wie die Wildschweine in der Jägersprache heißen, auf der Suche nach Insekten und Wurzeln über Nacht ganze Wiesen um.
Der Wolf
Wölfe waren früher in Deutschland und auch im Spessart weit verbreitet. Durch die Jagd wurden sie jedoch in ganz Europa zurückgedrängt. Der letzte Wolf im Spessart wurde im Jahr 1780 bei Bischbrunn erlegt; um 1850 galt er in Deutschland als ausgerottet.
Seitdem hat sich einiges getan und der Wolf wird mittlerweile in vielen Ländern als wertvoller Teil des natürlichen Kreislaufs geschützt. Seit 1996 leben in Deutschland wieder Wölfe, die aus Osteuropa und dem Alpenraum eingewandert sind. Im Jahr 2000 konnte das erste Mal nachgewiesen werden, dass sich Wölfe in Deutschland vermehren; und allmählich nehmen die Bestände zu.
Wölfe leben bevorzugt im Familienverband (Rudel). Dieser besteht aus den Elterntieren und ihren Jungen, die meist bis zu einem Alter von zwei Jahren bei ihnen bleiben. Die Paarungszeit ist Ende Februar bis Mitte März. Nach gut zwei Monaten Tragezeit werden vier bis sechs Junge geboren. Mit etwa sieben Monaten sind diese bereits so groß wie die Eltern und Jährlinge (Jungwölfe im zweiten Lebensjahr) und laufen mit den anderen Rudelmitgliedern mit. Die Jungwölfe verlassen das elterliche Territorium im Alter von 10–22 Monaten und suchen nach einem Geschlechtspartner und einem eigenen Territorium. Dabei können die Jungtiere mehrere Hundert Kilometer wandern. Findet der Wolf ein geeignetes Territorium, so siedelt er sich dauerhaft an.
Im Spessart sind in den letzten Jahren mehrere Einzeltiere beobachtet und fotografiert worden. Die Bildung eines Rudels konnte bisher noch niemand nachweisen.
WISSEN: Wildtiermanagement Bayern
https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/index.htm
Wie bei Luchs und Bär kümmert sich auch hier das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) im Rahmen des Wildtiermanagements um die Belange der Wölfe. Mitarbeitende des Wildtiermanagements beraten, informieren und nehmen Meldungen an: Wer einen Wolf, Spuren von ihm oder möglicherweise den Riss von Wildtieren beobachtet, kann sich gerne beim LfU melden. Auch möglicherweise vom Wolf getötete Nutztiere sollten umgehend dort gemeldet werden.
Orchideen im Spessart
Im Naturpark Spessart kommen aktuell rund 20 verschiedene Orchideenarten vor. Ein gutes Drittel davon ist auf wärmebegünstigste Kalkstandorte – wie im Naturschutzgebiet Kallmuth – angewiesen und somit nur in Randgebieten oder kleinräumigen Sonderstandorten des Naturparks zu finden. Doch auch die spessarttypische Orchideenflora hat einiges zu bieten!
Auf meist südexponierten Magerrasen des Buntsandsteins sind das Kleine Knabenkraut und das Brandknabenkraut zu finden. Oft kommen die beiden, in Deutschland stark gefährdeten Arten gemeinsam vor. Ein echtes Massenvorkommen blüht im Frühjahr bei Rothenfels im Südost-Spessart.
Typische Orchideen in den Borstgrasrasen im Hochspessart sind die Weiße Waldhyazinthe und das Große Zweiblatt – eine Art, die schnell übersehen wird, denn sie bleibt auch während der Blüte vollständig grün.
In den Feucht- und Nasswiesen der Spessarttäler wächst die häufigste Spessart-Orchidee: das Breitblättrige Knabenkraut. Auf einigen Feuchtwiesen findet man zudem das Fuchs-Knabenkraut. Beide Arten haben ihre größten Vorkommen auf einer Rodungsinsel bei Rechtenbach im Ostspessart und bilden dort auch häufig Kreuzungen.
Echte Besonderheiten im Naturpark Spessart sind zwei kleinere Vorkommen der deutschlandweit stark gefährdeten Herbst-Wendelähre (Herbst-Drehwurz), die aktuell zu beobachtende Ausbreitung der Bienenragwurz im Bereich des Untermains sowie regelmäßig auftretende Sonderformen der Waldhyazinthen (mit pelorischen Blüten).
Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wurden leider zahlreiche Orchideenbiotope und auch einzelne Arten durch Siedlungen oder Intensivierung der Grünlandnutzunge verdrängt; auch die Aufgabe von zuvor extensiv landwirtschaftlich genutzten Wiesenflächen führt zum Rückgang der Orchideen. Heute liegen die meisten bedeutenden Orchideenvorkommen in Schutzgebieten und/oder werden von Landwirtinnen und Landwirten im Rahmen des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms in geeigneter Form gepflegt.
Die Gebietsbetreuung des Naturparks unterstützt Naturschutzbehörden, Landschaftspflegeverbände und Landnutzer beim Schutz der Orchideenlebensräume, berät Akteure und führt auch Schutz- und Vermehrungsmaßnahmen durch.
Die Schachblume
Die Schachblume oder Schachbrettblume gehört zu den botanischen Kostbarkeiten des Spessarts. Die feuchtigkeitsliebende Art profitiert von der Wiesenwässerung, welche im Sinngrund vom 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts intensiv praktiziert wurde.
Der Sinngrund beherbergt das größte Vorkommen der Schachblume in Deutschland und wurde 1999 als Flora-Fauna-Habitat (FFH) ausgewiesen. Die Schachblumen-Blüte zieht jedes Frühjahr zahlreiche Besucherinnen und Besucher an. Die zu den Liliengewächsen zählende Art stammt ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet und Vorderasien. Von dort wurde sie vermutlich im 16. Jahrhundert als Gartenpflanze nach Mitteleuropa gebracht. Im 17. Jahrhundert gehörte sie zu den beliebtesten Zierpflanzen der Barockgärten. Einzelne Pflanzen verwilderten und bildeten die Basis der heutigen Vorkommen im Spessart.
Heute sichern großflächige Schutzgebiete und eine angepasste, extensive Landwirtschaft die Bestände der Schachblume im Sinngrund. Davon profitieren auch zahlreiche andere Feuchtwiesenpflanzen sowie Heuschrecken- und Schmetterlingsarten.